Thomas Duttenhoefer

Eisenbüste

Die Eisenbüste schuff der Bildhauer Thomas Duttenhoefer (*1950) im Jahr 1991. Ihr ursprünglicher Aufstellungsort vor dem C-Gebäude auf dem Campus der Universität Trier sorgte für Aufregung und Unstimmigkeiten, so dass die Plastik aus CorTen-Stahl versetzt werden musste.

Thomas Duttenhoefer, Eisenbüste, CorTen-Stahl, 166 x 125 x 37 cm, 1991, Universität Trier, Trier

Entgegen des irreführenden Titels ist die Eisenbüste von Thomas Duttenhoefer (*1950) aus CorTen-Stahl geschmiedet. Der Stahl bildet eine Rostpatina, die die Plastik gegen Witterungseinflüsse und Korrision schützt. Auf diese Weise wird sie vor ihrem »eigenen, materialbedingten Verfall bewahrt«. Die Plastik besteht aus einem hochrechteckigen Quader, der einem Sockel gleicht. Er wird von einer Konstruktion aus zusammengeschmiedeten, mehrfach gefalteten Metallplatten überwölbt. Die einzelnen Metallsegmente wurden vom Künstler zunächst ausgebrannt und durch aufwendige Schmiedearbeit in gerade und geknickte Formfragmente gefalzt und geschnitten. Die entstandenen Metallplatten wurden dann zur endgültigen Form zusammengefügt. Dabei entstand nicht eine kompakte Formstruktur, sondern eine Konstruktion mit Kanten, Ecken, Brüchen, Kerben, Schnitten und offenen Stellen.

Kein anderes Werk der Kunst-Landschaft Uni-Campus hat so viel Aufmerksamkeit erregt, wie die Eisenbüste von Thomas Duttenhoefer (*1950). Der ursprüngliche Aufstellungsort befand sich »nur einen Steinwurf entfernt« (Bieg) vor dem Aufzugspavillon des C-Gebäudes. Hier herrscht täglich große Betriebsamkeit und schon kurz nach der Aufstellung (1991) wurden Beschwerden laut, wegen herausstehender und teils scharfer Ecken und Kanten. Zu »raumeinnehmend« sei die Eisenbüste und es bestehe Verletzungsgefahr. Es war vielleicht auch der »rohe, unfertige Charakter des Kunstwerks« (Bieg), der auf Unverständnis und Ablehnung traf. Der Missmut gegen das »sperrige« Werk mit »Ecken und Kanten« wurde so massiv, dass sogar eine Farbattacke auf das Kunstwerk verübt wurde. Spuren dieses Anschlags sind bis heute auf der Metalloberfläche zu erkennen. Um die Eisenbüste vor weiteren Angriffen und mutwilliger Zerstörung zu schützen, wurde sie an einen anderen Standort ›verpflanzt‹. Sie befindet sich heute, etwas abgelegener, vor dem V-Gebäude (Verwaltung). Dort steht sie nun friedlich, mit deutlich mehr Raum, seit über 20 Jahren.

»Ob es tatsächlich die angeführte Verletzungsgefahr war, oder ihr provisorisch anmutendes Erscheinungsbild, das derartige Provokationen hervorrief, läßt sich heute nicht mehr nachvollziehen.«

 

Anna Huber

Der Titel Eisenbüste suggeriert nicht nur die Verwendung eines bestimmten Materials, sondern auch die Darstellung einer menschlichen Gestalt, mit Kopf und Schulterpartie. Porträtbüsten und die menschliche Figur beschäftigen Duttenhoefer seit Beginn seiner künstlerischen Arbeit. »Ein Blick auf sein Gesamtoeuvre zeigt, daß dieses nicht nur von großer thematischer, sondern auch materialästhetischer Differenz ist« (Huber): Köpfe, Büsten, Schädel, Helme und Torsi in Bronze, Eisen, Ton, manchmal auch in Stein oder Holz sind Teil seiner Arbeiten, ebenso wie Zeichnungen von Tiergestalten und Mischwesen. Schon im verwendeten Material findet sich »ein Kontrast zwischen Bild und Titel« (Huber). Der geschmiedete CorTen Stahl, mit seiner oxidierten Oberfläche kontrastiert mit der Vorstellung von reinem, poliertem Eisen. Der ›rostige Anblick‹ und die zerkratzte, raue Oberfläche untergräbt die Assoziation von der Dauerhaftigkeit und unnachgiebigen Stärke glänzender Eisenplatten.

Umschreitet der Betrachter die Eisenbüste, so eröffnen sich Perpektiven und Details, die neue Assoziationen wecken. So weist die Oberfläche der Büste Einkerbungen, Schnitte und Unebenheiten auf. Die einzelnen Metallplatten fügen sich nur schwer zu einer als Ganzes wahrgenommenen Einheit zusammen. Besonders auffällig sind in dieser Hinsicht die seitlichen Einschnitte oder Lücken , die sich, wie Risse durch den Stahl ziehen. Mit einem herausragenden Keil an der linken unteren Schauseite, wird selbst die »vermeintliche Klarheit des konisch nach unten zulaufenden Sockels« (Huber) durchbrochen. Es wird deutlich, dass es sich bei dem hochrechteckigen Quader nicht um eine Erhöhung zur Präsentation der Büste handelt, sondern um einen wesentlichen Teil der Gesamtkomposition.

»Duttenhoefer entwirft damit ein konkretes Gegenbild zur Eisenbüste. Statt dreidimensional in den Raum einzugreifen, umspannen einzelne mühsam geschmiedete Versatzstücke das Volumen dieser Skulptur. durch den scherenschnittähnlichen Charakter erhält die Büste von vorne ein körperhaftes, von der Seite betrachtet, ein papiernes Aussehen.«

 

Anna Huber

Die Erscheinung des Stahls ist nicht materialgerecht. Diese Erkenntnis eröffnet weiterführende, »interpretatorische Dimensionen«. Duttenhoefer gelingt es durch meisterhafte Materialbeherrschung und Schmiedearbeit, den nur schwer zu formenden Stahl beliebig zuschneid- und formbar erscheinen zu lassen. Er umhüllt scheinbar mit Leichtigkeit den Raum der Figur. Dem Betrachter wir der Kontrast zwischen scheinbarer Leichtigkeit und Biegsamkeit zur eigentlichen massigen Schwere des Materials bewusst.

»Entscheidend an dieser Beobachtung ist, daß Duttenhoefer nicht die Büste, sondern die Hülle um den Raum einer Büste darstellt, in dem das eigentliche Objekt fehlt. In ihrer schwerfälligen, plump anmutenden Gesamtansicht könnte man von einer Art Verpackung sprechen, die den Übergang zwischen Positiv- und Negativform darstellt.«

 

Anna Huber

Wir sehen keinen plastischen Bronze- oder Eisenguss einer Büste, auf einem Sockel platziert, wie viele Plastiken Duttenhoefers erscheinen, sondern vielmehr eine fragile ›Schutzhülle‹ des Raums, den eine nicht-existente Eisenbüste einnehmen würde. Die an Papierfaltung erinnernde Formensprache suggeriert Fragilität und Leichtigkeit. Diese Assoziationen werden jedoch durch das harte, schwer formbare Material relativiert.

Mittlerweile ist es ruhig geworden um die einst zwangsversetzte Skulptur. Aber aufgrund ihrer bewegten Geschichte wurde sie 2016 von Peter Bieg in die Liste der »111 Orte in Trier, die man gesehen haben muss« aufgenommen.

Kunstobjekte in der Nähe

Eisenbüste

  • Universität Trier | Universitätsring 15
  • 54296 Trier
  • V-Gebäude (Verwaltung)

Referenzen

Bieg, Peter: Die Eisenbüste. Zwangsversetzte Skulptur, in: 111 Orte in Trier, die man gesehen haben muss. Mit Fotografien von Maximilian Staub, o.O. 2016, 70-71.

Huber, Anna: »Eisenbüste, 1991«, in: Ralf Dorn / Ulrike Gehring / Bernd Nicolai [Hrsg.]: Auf der grünen Wiese. Die Universität Trier. Architektur – Kunst – Landschaft, Trier 2004, 136-139.

o.V.: »Eisenbüste«, in: Universität Trier – Grüner Campus, unter: www.uni-trier.de, (abgerufen am: 09.09.2016).

 

LM