Werner Persy

Karfreitagsprozession am Bilderhaus

Das »Bilderhaus« in der Sternstraße wurde 1960 zur Zeit des Wiederaufbaus nach einem Entwurf des Architekten Heinrich Otto Vogel (1898–1994) neu errichtet. Die Bilderfassade zeigt die bis ca. 1785 übliche Karfreitagsprozession. Sie wurde von dem Trierer Kunstmaler Werner Persy (*1924) geschaffen. Das Bildnis der Heiligen Barbara in der Giebelspitze verweist auf den Kohlehandel des Bauherren Laeis. Seit 1995 befindet sich an, der zum Domplatz gerichteten Gebäudeseite, ein Schaukasten der Lyrikerin Marie Winkel.

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Werner Persy, Karfreitagsprozession am Bilderhaus, 1962, Seccomalerei, Sternstraße, Trier

Nachdem das 1891 errichtete Gebäude der Kohlenhändlerfamilie Laeis bei Bombenangriffen im Dezember 1944 zerstört wurde, beauftragte die Familie 1960 den Architekten Heinrich Otto Vogel (1898–1994) das viergeschossige Haus, in Bezugnahme auf seine ursprüngliche Form als Fachwerkhaus wiederaufzubauen. Die dem Dom zugewandte Seite blieb dabei zurückhaltend gestaltet und nahm in der hellen Tuffsteinbauweise die Gestaltung des Domes wieder auf.

Wegen der in Trier bedeutsamen Tradition der Karfreitagsprozession, die auf ihrem Weg zum Dom an jenem Gebäude in der Sternstraße vorbeiführte, entschied sich die Familie Laeis die Fassade mit Bildern einer solchen Prozession schmücken zu lassen. Bis ins Jahr 1784 stellten Schüler des Jesuiten Collegiums Szenen aus dem Alten und Neuen Testament während der Prozession nach. Kurfürst Clemens Wenzeslaus verbot die »schauspielende Karfreitagsprozession«, ganz im Sinne der von ihm verehrten Bewegung der Aufklärung.

Der Trierer Künstler Werner Persy (*1924), der für seine religiösen und auf die Kunst der klassischen Moderne Bezug nehmenden Werke geschätzt wird, erhielt 1962 den Auftrag für die Fassadenmalerei, die die berühmte Prozession im Gedächtnis wiederaufleben lassen sollte. Inspirieren ließ er sich von einer im späten 18. Jahrhundert entstandenen Schrift des Jakoby in Welkens: Bilder der bis zum Jahre 1784 in Trier üblichen Karfreitagsprozession, gemalt um das Jahr 1778. Persy verwendete die Technik der Seccomalerei, bei der die Farbe auf den trockenen Putz aufgetragen wird. Bei der bekannteren Malerei-Technik »al fresco« (Freskomalerei) wird die Farbe hingegen auf den feuchten Putz aufgetragen. Die Prozession stellt Persy in neutralen Tönen, auf grauem Grund, in 23 Feldern dar. Teilweise verzierte er die einzelnen Motive mit goldenen Mosaiken. So werden Fahnen und Rüstungen der Prozessierenden, aber vor allem das Kreuz Christi hervorgehoben.

Im Giebelfeld krönt die Heilige Barbara die Szenerie. Sie wird mit der Märtyrerkrone und ihrem wichtigsten Attribut, dem dreifenstrigen Turm dargestellt. Die Heilige hält schützend ihre Hand über das Haus und über die in der linken Ecke des Bildfeldes eingefügten Embleme des Bergbaus: Schlägel und Eisen. Mit der Patronin des Bergbaus wird auf die Kohlehändlerfamilie Laeis Bezug genommen. In ihrem weißen Gewand auf goldenem Mosaikgrund tritt sie besonders aus der Komposition hervor.

Die Szenen im Detail

1. Reihe (unten, von links nach rechts): Adam und Evas Vertreibung aus dem Paradies/ Justitia und ein Zimmermann / Heilige Veronika und Heilige Helena / König David / Bundeslade mit nachfolgendem Judas;

2. Reihe (von rechts nach links): Sternträger / Apostel Petrus, Johannes und ein Einsiedler / drei Hohepriester / Chorknaben mit den Marterwerkzeugen / Judas / Gruppe von Domherren;

3. Reihe (von links nach rechts): Reitergruppe / Schmerzensmutter / Maria mit Jüngern / kreuztragender Christus mit Soldaten und Spöttern / die beiden Schächer / Trompetengruppe;

4. Reihe (von rechts nach links): Stadtklerus / Metzgerzunft mit einem Lamm / ein Edelmann / Bauern mit Pferd / Reiter mit Regimentsfahnen;

5. Reihe (von links nach rechts): Frauengruppe mit Pièta / David und der Riese Goliath / Fischerszunft;

Giebel: Heilige Barbara.

Das »Bilderhaus«, wie es im Trierer Volksmund genannt wird, wurde schon 1993 als Kulturdenkmal unter Schutz gestellt und regelmäßig restauratorischen Arbeiten unterzogen. Das deutschlandweit einzigartige »Lyrikfenster« an der Domseite des Hauses, in dem die Trierer Dichterin Marie Winkel seit 1995 regelmäßig Naturlyrik ausstellt, trägt zu dem ganzheitlichen Kunstcharakter des Bauwerks bei.

Kunstobjekte in der Nähe

Karfreitagsprozession am Bilderhaus

  • Sternstraße 1
  • 54290 Trier
  • Fassade des Bilderhauses

Referenzen

Bieg, Peter: »Das Bilderhaus. Biblischer Comic in der Sternstraße«, in: 111 Orte in Trier die man gesehen haben muss. Mit Fotografien von Maximilian Staub, o.O. 2016, S. 28–29.

Bieg, Peter: »Das Lyrikfenster. Gedichte zum Mitnehmen«, in: 111 Orte in Trier die man gesehen haben muss. Mit Fotografien von Maximilian Staub, o.O. 2016, S. 130–131.

Blass-Naiser, Sandra: »Einmaliges Schmuckstück.« Paulinus, 2012/15 (08.04.2012), S. 9.

Reuter, Hans-Georg: Auf Spurensuche rund um den Dom. Trier 2005.

Unbekannt: »Ein kostenloser Museumsbesuch.« Paulinus 24.03.2013, unter: www.wochenzeitung/paulinus.de (abgerufen am : 20.06.2015).

Unbekannt: Gebäude Sternstraße 1, in: Datenbank der Kulturgüter in der Region Trier, unter: www.roscheiderhof.de (abgerufen am: 20.06.2015).

Interview mit Werner Persy in der Sendung »innenAnsicht – Reif(f) fürs Fernsehen« für den OK54 Bürgerrundfunk, unter: www.youtube.com (abgerufen am: 20.06.2015).

Weitere Informationen zu Marie Winkel und der Lyrik am Dom unter: www.lyrikkasten.de

AT/JE/LM